Montag, 26. Dezember 2022

Ensignbus Running Day 2022

Immer am ersten Dezembersamstag veranstaltet das Unternehmen Ensignbus im Osten Londons seinen Runnig Day. Zum Einsatz kommen fast ausschließlich Fahrzeuge aus der historischen Sammlung von Ensignbus, die mehr oder weniger die gesamte Geschichte des Busverkehrs in London und Essex repräsentiert. Die Ensign-Eigentümerfamilie Newman besitzt diese Busse aber nicht nur aus historischem Interesse, sondern nutzt sie auch zur Vermietung für Verantsaltungen und vor allem für Filmproduktionen. 

Die diesjährige Veranstaltung war insofern besonders, als dass Ensignbus 2022 sein 50-Jähriges Jubiläum feiern konnte. 1972 als Busbetrieb in Purfleet, Essex, gegründet machte man sich bald einen Namen als Verkäufer von nicht weniger als 2.000 roten Londoner Bussen des Typs DMS, die London Transport als für den Betrieb in London ungeeignet erklärte, obwohl sie nach dem Verkauf in der britischen Provinz und bis hin nach Hong Kong noch jahrzehntelang gute Dienste leisteten. Später betrieb das Unternehmen auch eigene Linien für London Transport. Heute ist man für den Nachfolger TfL nur noch im Schienenersatzverkehr tätig, betreibt aber kommerziell nach dem Rückzug von Arriva den ÖPNV in der Heimatregion Thurrock im südöstlichen Essex. Auch im Gebrauchtbushandel ist man nach wie vor aktiv.

Im Rahmen des Running Days richtet das Unternehmen jedes Jahr vier spezielle Linien ein, von denen drei (X54, X55 und X81) am riesigen Einkaufszentrum Lakeside in Thurrock zusammenkommen. Eine vierte Linie (X21) verbindet Brentwood und Upminster und stellt so eine Querverbindung zwischen den beiden nördlichen Linienästen her. Die meisten Busse sind mit korrekten Linien- und Zielbändern im jeweils zeitgenössichen Design versehen.

Seinen Namen machte sich Ensignbus mit dem Verkauf dieser DMS Daimler Fleetlines von London Transport. DMS2646, der letzte gelieferte Bus dieses Typs, erhielt zur 150-Jahr-Feier der ersten Pferdebusse in London 1979 die Lackierung der Shillibeer-Pferdebusse und wurde 2004 von Ensignbus wieder so restauriert. Das Bild entstand beim Runnig Day 2017 in Lakeside, der Bus war aber auch dieses Jahr wieder unterwegs.

Nachfolger der DMS waren u.a. die MCW Metrobusse, die insbesondere im Westen der Hauptstadt zum Einsatz kamen. Ensignbus sicherte sich den allerersten, M1 ebenfalls von 1978. Er biegt hier gerade zum Bahnhof von Upminster ein.

Von Lakeside über die Themse erreicht die Linie X55 das Einkaufszentrum Bluewater, wo 2017 Scania/MCW Metropolitan MD60 im letzten Tageslicht ankommt. Der Metropolitan war der Vorgänger des Metrobusses, MCW nutzte hierfür Chassiskomponenten von Scania. London Transport bestellte hiervon 164 Exemplare, nicht zuletzt weil die Produkte der verstaatlichten British Leyland in  den 70ern weder qualitativ überzeugen konnten noch rechtzeitzig lieferbar waren.

Ein ganz besonderes Stück ist RLH61 von 1952, eine der ganz wenigen lowheight-Doppeldecker in London, die benötigt wurden, um Linien mit niedrigen Brücken zu bedienen. Dieser Bus war 1971 der letzte seiner Art bei LT und wurde anschließend nach Kanada verkauft, von wo ihn die Newmans nach 33 Jahren wieder zurück holten. Er erreicht hier Lakeside - das Wetter war 2017 einfach besser...

Ein Routemaster darf natürlich auch nicht fehlen, auch wenn das hier wieder ein besonderer ist: 1967 beschaffte British European Airways 65 solche Routemaster in Reisebusversion mit Fronteinstieg für den Verkehr zwischen der Londoner Stadtmitte und Heathrow. Die Busse waren seinerzeit mit Gepäckanhänger unterwegs. Nach 12 Jahren übernahm LT diesen Bus und setzte ihn mit der Nummer RMA50 im internen Verkehr ein. 1984 kam er zu Stagecoach nach Schottland und schließlich für den Sightseeing-Einsatz nach Edinburgh. 2009 übernahm ihn Ensignbus, dort bekam er erstmals die rote Londoner Lackierung.

Die RT-Familie war mit über 7.000 Exemplaren die größte jemals gebaute Busserie für London, in den 50er Jahren gab es teilweise nur Busse dieses Typs bei LT. RT8 vom Baujahr 1939 war einer der ersten, sein Aufbau stammte noch von LT selbst. Auch er wurde von Ensignbus aus Nordamerika zurückgeholt und im Design der Kriegszeit restauriert, die weißen Kotflügel sollten die Sichtbarkeit während der Verdunklung Londons aus Angst vor Luftangriffen erhöhen.  

Die späteren Nachkriegs-RT respräsentiert RT3251 von 1948. Er war 1979 der letzte seines Typs, der von LT aus dem regulären Linienverkehr ausgemustert wurde. In diesem Zustand ist er auch erhalten. Er steht hier am Fährterminal in Gravesend, Kent.

Noch ein RT, aber diesmal des breiteren RTW-Typs ist RTW335. Anders als die meisten anderen RTs, die auf AEC Regent III basieren haben diese Busse ein Leyland PD2-Chassis, was gut am anderen Kühlergrill ablesbar ist. RTW335 wurde 1950 abgeliefert und kam nach seiner Ausmusterung 1965 nach Deutschland, wo er als Messefahrzeug für den Lifthersteller Hywema diente. Seit 2013 schmückt er die Ensignbus-Flotte.

In den 1960er Jahren wollte London Transport seinen Betrieb weitgehend auf Eindeckerbusse mit automatischer Fahrgastabfertigung umstellen. Dafür beschaffte man fast 1.500 AEC Merlins und Swifts, die man dann jedoch nicht mochte und die meisten daher teils ohne Einsatz wieder ausmusterte. Zur Lagerung der ausgemusterten Busse wurde ein ganzer Flughafen angemietet! SM1 war der erste dieser Busse aus dem Jahr 1966, er trägt einen Marshall-Aufbau und steht hier - leider mit Defekt - in Upminster.

Neben den MCW Metrobussen war der Leyland Titan B15 der Londoner Standarddoppeldecker der späten 70er und frühen 80er Jahre. Ursprünglich sollte das das eizige Doppeldeckermodell von Leyland werden, die Betriebe außerhalb von London fanden ihn aber zu teuer und kompliziert, so dass Leyland nur bei LT größere Mengen (insgesamt 1.125 Stück) absetzen konnte. Sie wurden in Ostlondon konzentriert. T986 von 1983 schaffte es in die Ensignbus-Sammlung und erreicht hier Bluewater.
 
Das wesentlich erfolgreichere Leyland-Modell in den 80ern und 90ern war der Olympian. Dieses Exemplar mit Leylands eigenem Aufbau war zunächst ein Vorführwagen, der 1991 auf der UITP-Ausstellung in Stockholm zu sehen war. Mit 23 weiteren baugleichen Bussen kam er später zu Capital Citybus als Nummer 250. Dieses Tochterunternehmen von Hong Kong Citybus übernahm 1990 die LT-Auftragsverkehre von Ensignbus in Ost-London und wurde später an First verkauft.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen