Dienstag, 15. November 2022

Daugavpils - Ost trifft West in Lettgallen

Die sehr dünn besiedelte Region Lettgallen (lettisch Latgale) nimmt den ganzen Osten Lettlands ein. Landschaft und Kultur sind hier schon stark russisch geprägt, auch die Menschen sprechen hier eher russisch als lettisch, was insbesondere nach Wiedererlangung der Unabhängigkeit zu erheblichen Spannungen geführt hat. Noch heute bezeichnen sich rund ein Drittel der Einwohner des Landes als Russen, Weißrussen, Ukrainer und Polen, neben Riga konzentriert sich dieser Bevölkerungsteil vor allem hier, wo abseits der großen Verkehrswege immer ein bunter Völkermix zuhause war. Hauptstadt der Region und mit nur knapp über 80.000 Einwohnern zweitgrößte Stadt Lettlands ist Daugavplis (deutsch auch Dünaburg). Von Riga lassen sich die rund 300 km entlang der Düna fünfmal täglich mit dem Zug und etwa genau so oft per Fernbus zurücklegen. Insgesamt ist Daugavpils eine eher verschlafene Provinzstadt, auch wenn es mit der großen Festung aus der Zarenzeit und dem eindrücklichen Kirchenhügel, auf dem die Kirchen vierer christlicher Konfessionen (Orthodox, Katholisch, Evangelisch und Altgläubig-Orthodox) einträchtig nebeneinander stehen, einige interessante Sehenswürdigkeiten hat.

Daugavpils verfügt über ein kleines Straßenbahnnetz mit vier Linien und 34 Stadtbuslinien, betrieben wird der Stadtverkehr von Daugavpils Satiksme (DS), das 2013 nach Übernahme des Stadtbusbetriebs durch die Straßenbahngesellschaft entstand. Zuvor wurde der Stadtbusverkehr von Daugavpils Autobusu Parks (DAP) bedient, der heute nur noch den Überlandverkehr managt. DS verfügt über 36 Straßenbahnwagen und 57 Busse, deren Erscheinungsbild ziemlich bunt ist. Alle Fahrzeuge sind noch mit Schaffner besetzt. 20 neue rote Scania Citywide sind inzwischen unterwegs, standen aber bei meinem Besuch noch bei der örtllichen Scania-Vertretung.

Der Straßenbahnfuhrpark von DS stammt weitgehend aus russicher Fertigung. 2014 kamen acht Wagen des Typs 71-623-2 (KTM 23) von UKVZ aus Ust-Kataw, die ursprunglich für Moskau bestimmt waren und die dortige Lackierung tragen. Wagen 003 an der Haltestelle Baznicu kalns (Kirchenhügel), im Hintergrund die orthodoxe Kathedrale.

2019 folgten weitere acht 71-911 City Star vom Hersteller PK Transportnye Sistemy. Wagen 015 verlässt die Endstele Cietoksnis bei der Zarenfestung.

2001 erhielt Daugavpils als einer der ersten Kunden von Solaris 28 Urbino 15. Diese Busse stellen heute noch das Rückgrat der Flotte dar. Ein Teil, wie Wagen 307 auf der Imantas Iela, sind dabei grün/gelb...

... der andere Teil wie 319 am Kirchenhügel braun/gelb lackiert.

Ansonsten besteht der Fuhrpark von DS vor allem aus Gebrauchtkäufen aus Nord- und Westeuropa in ihren Ursprungslackierungen. Volvo B10MA/Säffle 302 trägt noch die Farben von Västmannlands Lokaltrafik, wo er von 1996 bis 2006 unterwegs war.

Unverkennbar eine saarländische Vergangenheit hat Volvo 7700 344. Er lief bis 2020 bei Lay in Püttlingen als SB-LR 8080. Abgeliefert wurde er aber nach Luxemburg zur Sales-Lenz-Gruppe, wo er von 2008 bis 2016 mit dem Kennzeichen SL 3140 beim Tochterunternehmen Frisch Rambrouch lief.

Weitere Volvo 7700 kommen von Unibuss aus Oslo. 346 ist vom Baujahr 2006.

Scania OmniLink 348 lief bis 2013 bei Arriva in Skåne, bevor er zunächst an DAP und dieses Jahr dann an DS ging.

Einige Kleinbusse setzt Daugavpils Satiksme auch ein. Interessantestes Fahrzeug ist wohl dieser MB 814D/Kowex mit der Nummer 602. Laut Internetrecherche kommt er ursprünglich von der Fa. Kahle aus Ubstadt-Weiher (KA-AN 9898), die Aufkleber verraten aber zumindest eine Zwischenstation in Nordhessen. In Daugavpils ist er seit 2010.

Die Regionalbuslinien betreibt DAP vor allem mit MAN Lions Regio und Lions Intercity. Wagen 172 vom Baujahr 2021 verlässt die Stadt ostwärts.

Ebenso im Regionalverkehr unterwegs ist das Unternehmen Dautrans. Wie bei vielen Überlandverkehren im Baltikum setzt man hier auf MB Sprinter mit Aufbau des litauischen Herstellers Altas.

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