Samstag, 6. Dezember 2025

"Micros" in der Pampa

Argentinien ist ein riesiges Land, flächenmäßig das achtgrößte der Erde. Die Nord-Süd-Ausdehung beträgt kanpp 3.700 km, Ost-West sind es immerhin auch fast 1.500 km. Bei 45 Millionen Einwohnern, wovon ein knappes Drittel in und um die Hauptstadt lebt, ist der Rest des Landes ziemlich leer. Während der Osten überwiegend flach ist, insbesondere westlich und südlich von Buenos Aires erstreckt sich die endlose Steppe der Pampas, steigt es gen Westen deutlich an und endet schließlich am Andenhauptkamm mit dem fast 7.000 Meter hohen Aconcagua, dem höchsten Berg Amerikas. 

Das Bahnnetz Argentinien ist zwar für die dünne Besiedlung recht engmaschig, in den 1990er Jahren wurde jedoch fast der gesamte Bahn-Fernverkehr eingestellt. Zwar gibt es momentan wieder so etwas wie eine kleine Renaissance, die Züge sind aber mit maximal 50 km/h unterwegs und fahren meist nur ein- bis zweimal pro Woche. Wer also vorankommen möchte nimmt entweder das Flugzeug oder das exzellent ausgebaute Fernbusnetz. Dieses wird von unzähligen privaten Gesellschaften bedient, für die Konzessionierung gilt wie in Buenos Aires: Alles was innerhalb einer Provinz läuft wird durch diese beaufsichtigt, provinzuüberscheitende Linien konzessioniert die Bundesregierung über ihre Behörde CNRT, zu erkennen jeweils an den schwarzen Konzessionsplaketten. Der Verkehr zwischen den wichtigsten Städten ist sehr dicht, meist gibt es mindestens alle 1-2 Stunden eine Verbindung, und auch kleinere Städte sind mindestens täglich angebunden. 

Auf den Hauptstrecken kommen ausschließlich dreiachsige Doppeldecker der 14-Meter-Klasse zum Einsatz - die trotz ihrer Größe im allgemeinen Sprachgebrauch als Micros bezeichnet werden... . Deren Ausstattung ist sehr hochwertig, meist werden zwei Klassen angeboten: Semi-Cama mit 2+2-Bestuhlung und Coche Cama mit 2+1-Bestuhlung. Die Sitze sind sehr breit und bequem und lassen sich elektrisch zu Liegen umfunktionieren, bei Coche-Cama sogar komplett flach umlegen. Teilweise führen die Busse auch beide Klassen ("mix"), dann sind die Semi-Cama Sitze im Oberdeck angeodnet. Aufgrund des großen Sitzabstandes sind bei Semi-Cama oder Mix-Bussen nur rund 60 Plätze, bei Coche-Cama-Fahrzeugen sogar nur 43 Sitze pro Bus verfügbar. Die Chassis kommen meist von Volvo, Scania oder Mercedes. Aufbauer für Fern- und Reisebusse gibt es in Argentinien vier: Saldivia (nur Eindecker), Metalsur, Troyano und Niccolo, daneben werden auch viele Buskarrosserien von Busscar, Comil und Marcopolo (denen auch 70% von Metalsur gehören) aus Brasilien importiert. 

Die Busreisen starten und enden an meist ziemlich großen Busbahnhöfen, die sich i.d.R. etwas abseits der Stadtzentren mit schneller Anbindung zum Fernstraßennetz befinden. In Buenos Aires fahren fast alle Fernbusse am Busterminal Retiro nördlich der Innenstadt ab. Dieser besitzt 75 Abfahrtspositionen und über 250 Fahrkartenschalter, der Busterminal in Cordoba erstreckt sich sogar über zwei Gebäude, hier wird auch der komplette Regionalverkehr abgewickelt. Tickets lassen sich über diverse Portale online besorgen, hier kann man auch Wunsch-Sitzplätze reservieren, was beim Kauf vor Ort eher schwierig ist. Empfehlenswert ist die Reservierung in der ersten Reihe des Oberdecks mit Panoramablick, vor allem auf landschaftlich schönen Strecken wie der unbedingt angeratenen Querung der Anden zwischen Mendoza und Santiago über den 3.200 m hohen Liberadores-Pass (s.o.). Die Abfahrtszeiten an den Endpunkten der Linien werden meist eingehalten, die Ankunftszeiten sind jedoch meist sehr optimistisch berechnet, nicht zuletzt weil die Besatzungen unterwegs immer mal wieder Verpflegungsstopps einlegen.

Chevalier ist einer der größeren Fernbusanbieter in Argentinien, Metalsur Starbus 1 Nummer 5982 ist hier in Liniers bei Buenos Aires unterwegs. 


Inzwischen ist Metalsur beim Starbus 3 angekommen, wie Wagen 4592 auf Scania K-Chassis von La Veloz Del Norte, unterwegs zu seiner Abfahrtsposition auf dem Retiro-Busbahnhof in Buenos Aires. 

Condor Estrella bietet unter dem Namen Plusmar Verbindungen von der Hauptstadt in die Provinz Buenos Aires, insbesondere an die Atlantikküste an. Wagen 1089 ist ein Troyano Calixto auf Mercedes-Benz O500RSD mit Semi-Cama-Bestuhlung.
Dritter im Bunde der Argentinischen Aufbauer ist Nicoolo, wie Troyano in der Provinz Santa Fe beheimatet. Wagen 19 von La Union basiert auf einem MB O500RSD-Chassis und ist hier am Busterminal von Mendoza unterwegs. 

Ebenfalls auf O500RSD basiert Wagen 58532 von FlechaBus, auch ein recht großer Anbieter. Der Niccolo Avanti verlässt hier gerade den Busbahnhof von Cordoba.

Ein landesweites Netz bietet auch Del Sur y Media Agua. Wagen 339 ist ein MB O500RSD mit Marcopolo Paradiso 1800DD-Aufbau der 7. Generation.


Die gleichen Busse setzt CATA Internacional auf der landschaftlich großartigen Verbindung zwischen Mendoza und Santiago de Chile ein, Wagen 1049 steht hier auf 3.000 Meter am chilenischen Grenzterminal Los Liberadores. Die Vordertür dient nur den Fahrern, die eine eigene Kabine inklusive Schlafmöglichkeit haben. Der Fahrgastraum ist nur durch die Mitteltür zugänglich.

Auch Busscar exportiert Doppeldecker nach Argentinien: Das Unternehmen 20 de Junio setzt diesen Vissta Buss DD auf Volvo B450R-Chassis als Wagen 7005 ein. Er verlässt den Busbahnhof von Rosario mit Ziel Jujuy im äußersten Nordwesten des Landes, eine Strecke von noch knapp 1.200 km!

Letzter im Bunde der Aufbauer ist Comil, die Brasilianer bieten seit 2012 den Campione Invictus DD an. Das Unternehmen El Practico hat für seinen Wagen 770, hier gesichtet in Cordoba, ein Scania-Chassis gewählt.  


Eindecker kommen fast nur auf eher ländlichen Verbindungen zum Einsatz, wie etwa in Patagonien. Wagen 46858, ein Scania/Marcopolo Viaggio G7 1050 von Via Bariloche (das auch unter ViaTAC auftritt) verlässt hier den Busbahnhof seiner Heimatstadt in Richtung patagonisches Nichts....

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